Ideen von jungen Tischlern aus dem Norden
Hamburg – Schade, nur bis zum 3. Juli war die »Holz bewegt« in Hamburg zu sehen. Dort fand die Ausstellung zum gleichnamigen Wettbewerb mittlerweile zum achten Mal im Museum der Arbeit statt. Ein Event, auf dem Nachwuchstalente die Chance erhalten, ihre innovativen, experimentellen und nachhaltigen Entwürfe vorzustellen.
Barschrank als Widmung für Großvater
Oftmals handelt es sich um Gesellenstücke, die dank der Fotografien und Porträts von Lena Jürgensen auch auf der Website „Holz bewegt!“ zu entdecken sind. Informativ und zum Teil berührend sind die Begleittexte, mit denen die Kreativen ihre Idee zum jeweiligen Entwurf erläutern und dabei nicht selten ihre Freude und Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, über ihr Handwerk gestaltend tätig sein zu können.
So zum Beispiel Antonia Schwarz, Tischlerin aus Stemwarde bei Barsbüttel. Ihr Gesellenstück – Barschrank Friedsieg, inspiriert vom Mid-Century-Möbeldesign – ist eine Widmung an ihren Großvater. „Er hat mir schon früh die Leidenschaft für das Handwerk nahegebracht und ich bin mir sicher, dass er der Grund war, warum ich mich für den Beruf der Tischlerin entschieden habe“, schreibt die junge Tischlerin. Für ihren Schrank aus Eiche-Vollholz und Furnier sowie Stabholz erhielt sie den Sonderpreis „innovative Furnieranwendung 2023“.
Möbel mit herausragendem Design
Ein weiteres Beispiel dafür, wie stark Frauen längst das Tischlerhandwerk prägen, ist Paula Zimmermann. Bei ihrem Tisch „Erwin Z.“ bestehend aus Lamellen aus Kirsche-Vollholz kann die Länge der Tischplatte mithilfe einer (abnehmbaren) Kurbel beliebig verändert werden – ein Vollholzmöbel, „das sowohl das Arbeiten am Notebook als auch für große Zeichenprojekte und Spielerunden mit bis zu zehn Personen ermöglicht“, wie die Tischlermeisterin aus Hamburg- St. Pauli betont.
Beeindruckend auch die Idee von Julius Greve, einen Schrank zu bauen, der inspiriert ist von dem Verlauf eines Wasserfalls oder dem Faltenwurf eines Kleidungsstücks (Eschenfall). „Grundsätzlich empfinde ich Symmetrie als beruhigend und ästhetisch, deshalb ist das bewusste Spielen mit dieser organischen, asymmetrischen Form für mich reizvoll“, schreibt der Tischlermeister aus Volksdorf im Begleittext.
Möbel, Skulpturen und Alltägliches
Nur drei von mehr als 40 Entwürfen, die auf der „Holz bewegt“ zu sehen sind. Die Bandbreite reicht von Leuchten, Möbeln und Skulpturen über einen immer wieder neu verwendbaren Weihnachtsbaum, einer Hundebox und Lautsprechern bis hin zu einer „Brieffreundin“ aus Holz, in der sich Liebesbriefe ebenso wie Knöllchen ablegen lassen. Auch eine Schaukel mit einer Aufhängung durch zwei Bugholz-Eschenbügel sind zu entdecken – als Reminiszenz an „wunderbare, leichte und unbeschwerte Kindheitserinnerungen.“
Die Schaukel führt direkt zu den Ausführungen von Henning Lemcke zu Beginn des kostenlos hinterlegten Katalogs zur „Holz bewegt“; der junge Tischler nahm 2015 erstmals an dem Wettbewerb teil, indem er ebenfalls eine Schaukel entwarf. „Wenn man sich nicht bewirbt, passiert nichts. Oder man bewirbt sich, dann kann alles Mögliche passieren.“
Gestaltungswettbewerb für den Nachwuchs
Henning Lemke schwärmt von dem kreativen Raum, den er erst durch den Wettbewerb für sich entdeckt hat, um zeigen zu können, was ihn bewegt: „Wenn ich nicht wüsste, was mich bewegt und nicht in dem Raum gewesen wäre, in dem ich das verfolgen darf, dann wäre nichts passiert.“
Wie gut, dass Johannes Jürgensen, Tischlermeister, Berufsschullehrer und Kurator von „Holz bewegt“ auf die Idee kam, eine solchen Nachwuchswettbewerb zu initiieren. „Es war 2007 in einer Kaffeepause, da haben ein Kollege und ich gedacht: ,Ein Gestaltungswettbewerb für junge Holzleute aus dem Norden, das wär doch was, wo sonst nur der Süden die Preise holt!“
Also unbedingt über den 3. Juli hinaus auch anderen Menschen von den beeindruckenden Ideen der Nachwuchstalente berichten. Die Website, gestaltet von Jens Caspari, Tischler und diplomierter Innenarchitekt, macht es leicht. Für ihn ist dieses Event übrigens auch ein „Begegnungsort für Menschen, die über sich hinauswachsen möchten“.
* Copyright für die Fotos liegt bei der Hamburger Fotografin Lena Jürgensen